Etappe 2: Wanderung von Sant Elm nach Ses Fontanelles

Die zweite Etappe auf dem GR 221 bringt uns von Sant Elm über die eindrucksvolle Ruinen der Klosteranlage La Trapa bis zum traumhaften Landgut Ses Fontanelles, wo wir das Ambiente genießen und in einer authentischen rustikalen Finca übernachten.


🕗 Dauer:
ca. 4-5 h
🥾  Länge:
ca. 14 km
Höhenmeter:
↗ 600 m ↘ 320 m

Gut ausgeschlafen, starten wir den Tag mit einem ausgiebigen Frühstück auf der schönen Terrasse des Hotels* direkt am Strand – mit herrlichem Blick auf das Meer vor Sant Elm. Da uns heute ein paar Kilometer mehr erwarten für die Wanderung nach Ses Fontanelles, wollen wir nicht zu spät los.

Im Mini-Supermarkt gegenüber decken wir uns mit doppelten Tagesrationen an Gummibärchen, Obst und Nüssen ein. An unserem heutigen Ziel wird es keine weitere Möglichkeit dazu geben, es ist also ratsam, noch etwas Platz im Rucksack zu lassen und ein wenig mehr Proviant einzupacken.

Unser Weg führt zügig aus Sant Elm hinaus. Der Ort ist tatsächlich kleiner als gedacht. Der Untergrund wechselt von der geteerten Straße zur geschotterten Landstraße und bald folgen wir nur noch einem Trail, scheinbar ein ausgetrocknetes Flussbett, durch den Wald. Der GR 221 ist auch hier kaum offiziell ausgeschildert, daher muss man gut auf die Markierungen in Form von roten Pfeilen achten oder auf Steinmännchen, die andere Wanderer errichtet haben.

Pfad nach La Trapa auf dem GR221 Serra de Tramuntana
Pfad nach La Trapa

Nach etwa zwei Kilometern wird es knackig. Wir erreichen einen bewaldeten Teil des Weges, der zwar malerisch zwischen alten Trockenmauerterrassen bergauf führt, jedoch mit einer anspruchsvollen Steigung. Der Pfad wird mit steigenden Höhenmetern immer abenteuerlicher, an ein bis zwei Stellen braucht man Hände und Füße, um über einige Felsformationen weiter aufwärts zu kraxeln. Es lohnt sich: der Ausblick unmittelbar nach diesem anspruchsvollen Anstieg ist das erste absolute Highlight an diesem Tag.

Von hier aus geht es nach der morgendlichen Anstrengung angenehmerweise einige Meter relativ eben weiter. Wir überqueren einen Zaun mit einem der typischen Leiter-Überstiege, von denen wir auf unserer Reise noch einigen begegnen werden, und gelangen hinter den nächsten Kurven auch schon zu unserem nächsten Highlight:

Vor unseren Augen breitet sich die eindrucksvolle Anlage der Klosterruine La Trapa wie ein vergessenes Juwel aus alten Zeiten mit seinen terrassenförmigen Weideplätzen und Ackerfläche in dem abgelegenen Tal aus.

La Trapa

La Trapa mit Blick auf Sa Dragonera
La Trapa mit Blick auf Sa Dragonera
ⓘ Die Geschichte der Klosteranlage La Trapa geht bis auf die Zeit der Französischen Revolution zurück: Eine Gruppe Trappistenmönche aus der Normandie flüchtete auf die Baleareninsel Mallorca. Weit abseits von bewohnten Orten und an einer schwer zugänglichen Felsküste im Tal des Sankt Joseph fanden sie eine Stelle sich anzusiedeln. Sie errichten einige einfache Gebäude sowie eine Kapelle. Um den kargen Boden zu bewirtschaften, wurde dieser in Terrassenfelder eingeteilt, sowie ein Brunnen mit Wasserleitsystem und eine Mühle angelegt, die noch heute zu besichtigen sind. Die Geschichte des Klosters war nicht von langer Dauer. Schon im Jahr 1820 wurde der Orden von La Trapa aufgelöst und das Kloster verlassen. Im Laufe der Zeit wurden die Gebäude geplündert und dem Verfall überlassen. Heute wird das Klostergelände ehrenamtlich von einer Umweltorganisation betreut und gepflegt. Es ist geplant ein Refugi für den GR 221 einzurichten. Bis heute (2021) wurde dies jedoch nicht realisiert.

Obwohl dieser Ort als beliebtes Wanderziel gilt, haben wir Glück und treffen auf keinen großen Ansturm von Touristen. Wir haben die Anlage fast für uns allein und können den gesamten Eindruck auf uns wirken lassen. Vor meinem inneren Auge sehe ich förmlich die schuftenden Mönche, die in harter und gewissenhafter Arbeit dieses karge Tal in eine Oase verwandelten. Der kurze Abstieg zum berühmten Aussichtspunkt (Mirador de la Trapa) lohnt sich!

Weiter führt uns der Weg über einen Pfad durch weitläufige, meterhohe Blumenfelder mit moderatem Anstieg auf die Hochebene und am Puig de ses Basses vorbei. Die Sonne brennt am heißesten Tag unserer Tour auf uns nieder, zum Glück weht immer etwas Wind, was es sehr angenehm macht.

Unser Blick fällt auf den größten von Wanderern errichteten Steinhaufen, den wir auf unserer gesamten Wanderung gesehen haben. Selbstverständlich haben wir auch einen Stein hinzugefügt. Zu unserer rechten erstreckt sich ein weites Feld aus lila Blüten. Vor uns ein wahnsinnig schöner Ausblick auf die schroffe Nordküste.

Hochebene Puig de ses Basses
Hochebene Puig de ses Basses

Bald führt uns der Wanderpfad auf die Bergrückseite. Wir beschließen ein paar Meter abseits des Weges, im Schatten einer kleinen Hütte, zu pausieren. Wir genießen die Sicht auf die atemberaubende Berglandschaft vor uns und lauschen der Ruhe und dem Zirpen der Grillen.

Wir gönnen uns einen Snack: etwas Obst, einen Riegel, Nüsse und zwei Huevos cocidos – möglicherweise haben wir die aus Versehen am Frühstücksbüffet mitgehen lassen. Selten hat ein hartgekochtes Ei so lecker geschmeckt. Wir schließen die Augen und dösen kurz weg.

Weiter gehts! Der Weg führt uns nun ohne große Anstrengung um einen Berg herum. Es gibt einen weiteren umwerfenden Ausblick auf die Küste. Kurz darauf entdecken wir zu unserer linken ein saftiges, satt grünes Feld, welches uns an eine hawaiianische Filmlandschaft erinnert. Jules Lieblingsfilm ist Jurassic Park und wir erwarten, dass jeden Moment ein Gallimimus über das Feld rennt. Zu diesem Zeitpunkt sind wir sehr froh, diese Wanderung im Frühjahr geplant zu haben, denn so grün und vielseitig sieht man Mallorca wohl selten.

Ein paar Kilometer weiter stehen wir vor einem Tor. Dieses passieren wir. Wie schon erwähnt, ist fast die ganze Insel in Privatbesitz und so werden alle Wanderer auf einige solcher Tore stoßen. Bevor wir auf die befahrene Straße treffen, entscheiden wir uns den Feldweg unterhalb der Straße zu folgen und wandern ein weiteres Mal durch ein riesiges, gelbes Blumenmeer.

Danach treffen wir doch noch auf eine Straße und folgen dieser für die letzten ca. zwei Kilometer. Es ist wenig Verkehr und wir können unser Ziel schon von Weitem sehen.

Ses Fontanelles

Blick auf Ses Fontanelles Serra de Tramuntana
Blick auf Ses Fontanelles

Ses Fontanelles bedeutet soviel wie “die kleine Quellen”, welche diesem fruchtbaren Tal und auch der Finca ihren Namen gaben. Hier leben Patrick und Maria, die sich seit 2013 liebevoll um die Anlage kümmern. Patrick kommt ursprünglich aus Deutschland. Als Musikproduzent hat er sein Studio hierher verlegt und betreibt außerdem ein Unternehmen für Wandertouren.

Der Hof besteht aus drei Gebäuden: einer Finca als Gästehaus mit mehreren Doppelzimmern, einer Hütte als Schlafsaal mit zwölf Betten und dem privaten Haus der Eigentümer. Zum Haus gehören weiterhin ca. 30 Tiere. Wir zählen Schafe, Hühner, Gänse, drei Katzen, einen Hund und eine freche Ente. Der Strom kommt vom Generator und das Wasser aus der Zisterne, weswegen man mit beidem sparsam umgehen sollte.

Wir haben uns ein Doppelzimmer in der restaurierten Finca Ses Fontanelles* gebucht. Das ganze Gebäude und seine Einrichtung im mallorquinischen Landhausstil versprühen so viel Charme, dass wir kaum aus dem Staunen herauskommen und uns vorstellen könnten, hier noch mehr Zeit zu verbringen. Wer dabei Luxus erwartet, ist hier falsch. Aber die Mühe und Arbeit, die hier drin stecken sind bewundernswert.

Wenn man eine letzte kleine Anstrengung unternehmen möchte, klettert man auf die kleine Anhöhe hinter dem Haus. Hier kann man einen wunderschönen Ausblick das Tal entlang und zwischen den zwei Bergen hindurch auf das Meer genießen – und bei einem kühlen Bier oder einem schönen Glas Vino Tinto nach einer ausgiebigen Wanderung seine Gedanken schweifen lassen.

Aussichtpunkt bei Ses Fontanelles
Aussichtpunkt bei Ses Fontanelles

Den Abend verbringen wir auf der Terrasse der Finca. Wir haben hier das 3-Gänge Menü für 14 € gebucht, ebenso auch das Frühstück. Ein sehr fairer Preis, für das was uns geboten wird, Getränke exklusive. Wir gönnen uns zum Abendessen heute eine Flasche Wein. Langsam zieht ein kleines Unwetter auf, es beginnt leicht zu regnen und der Wind weht immer kräftiger. Wir lassen uns hiervon nicht stören, da wir auf der Terrasse überdacht und windgeschützt sind.

Voll gefressen und leicht angetrunken sinken wir ins Bett. Es ist es stockdunkel, was man kaum noch kennt, wenn man in der Nähe einer größeren Stadt wohnt. Die Berge um uns rum fressen hier jegliches Licht. In einer klaren Nacht muss man hier einen fantastischen Blick auf den Sternenhimmel haben.

Wir lauschen dem Sturm und hoffen auf das Beste für den nächsten Tag. Wir hatten ja keine Ahnung…



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