Etappe 6: Wanderung von Valldemossa nach Deià

Unsere sechste Etappe auf dem GR 221 führt uns von Valldemossa hinauf zum Puig Gros, eine wunderschöne Hochebene entlang und wieder hinab in die Piratenbucht durch einen kleinen Dschungel bis in die berühmte Künstlerstadt Deià.


🕗 Dauer:
ca. 4-5 h
🥾  Länge:
ca. 13 km
Höhenmeter:
↗ 560 m ↘ 800 m

Der Tag beginnt mit dem wohl schönsten Ausblick, den wir auf unserer Reise hatten – wir öffnen das Fenster und lassen vom Bett aus noch einmal unsere Blicke schweifen, entlang der imposanten Bergkulisse und durch die beiden Berge hindurch bis nach Palma. (Hoteltipp*)

Bei bestem Wetter genießen wir das exzellente Frühstück auf der Terrasse des Hotels und machen uns anschließend auf den Weg. Heute auf dem Plan steht eine Wanderung von Valledmossa nach Deià.

Der offizielle Wanderweg GR 221 führt eigentlich um die Kernstadt von Valldemossa herum. Wir entscheiden uns bis zum Ortsausgang noch durch die kleinen verträumten Gassen zu gehen und so noch den restlichen Teil des Städtchens zu besichtigen, für den unsere Beine gestern Abend zu müde waren. Valldemossa wird uns mit seinem Charme in besonderer Erinnerung bleiben.

Zurück auf der Route bemerken wir, dass erneut die Hinweisschilder und Wegmarkierungen eher spärlich gesät sind. Man sollte auf die roten Pfeile achten, die hier und da auf Mauern, Steinen oder Bäumen aufgesprüht sind.

Nach zweieinhalb Kilometern beginnen wir einen anstrengenden Anstieg. In engen Serpentinen geht es steil bergauf. Die Bäume spenden Schatten, Wasser spendet Trost. Links und rechts des Weges kann man Ruinen alter Köhlerhütten und Kalkbrennöfen, die regionaltypischen “forns de calç“, besichtigen.

Ein Hinweisschild erklärt das mühsame Handwerk der Kalkbrenner: nach alter Tradition wurden hier Öfen in beeindruckender Bauweise aus Trockenstein errichte und damit kalkhaltige Steine auf über 800°C erhitzt, die dann bei stetiger Temperatur und mit Unmengen Holzzufuhr ganze zehn bis zwölf Tage lang gebrannt wurden. Vor langer Zeit war Kalk eines der wichtigsten Materialien für die Gesellschaft: mit (Lösch-)Kalk wurden Häuser gebaut, Hauswände gestrichen, Pflanzen gedüngt und desinfiziert.

Wandern zum Puig Gros
Ausblick vom Puig Gros

Wir erreichen den Gipfel, den Puig Gros (938 m). Der Panoramablick von hier ist überwältigend. Wir haben einen wunderschönen Ausblick auf unser heutiges Ziel Deià, direkt am Fuß des Berges im Norden, und im Süden blicken wir bis nach Palma!

Wir folgen dem alten Reiterpfad entlang über die Hochebene und begegnen gut einem Dutzend Ziegen, die sich an dieser Stelle wohl an die Wanderer gewöhnt haben und wenig Anstalten machen zu flüchten. Auch halten wir Ausschau nach dem Mönchsgeier, der sich hier rumtreiben soll – der größte Vogel Mallorcas und einer der der größten Europas. Mit einer Flügelspannweite von 2,8 Metern (wtf?) wohl kaum zu übersehen. Wir haben heute jedoch kein Glück und setzen unsere Wanderung nach Deià fort.

ⓘ Der beschriebene Höhenweg ist öffentlich zugänglich. Wir erfahren von anderen Wanderern, dass man für die Bereiche weiter im Westen wohl eine Genehmigung benötigt. Dies sollte man berücksichtigen, wenn man einen anderen Wanderweg nehmen möchte, als den GR 221.

Der zweite Gipfel auf diesem Höhenweg, der Es Caraglolí (945 m), markiert das Ende des Höhenwegs. Dieser hat seinen Namen übrigens seinem Aussehen zu verdanken und solle einer Schnecke ähneln (finden wir nicht). Wir lassen den Gipfel hinter uns, es geht bergab. An dieser Stelle sollten Wanderer wieder gut auf die Steinmännchen und Markierungen achten. Wir hätten fast die richtige Abzweigung verpasst.

Der Abstieg nach Deià ist lang und anspruchsvoll. Es liegt viel Geröll auf der teilweise unbefestigten Strecke, ich binde meine Schuhe etwas fester, um nicht umzuknicken. Doch der Ausblick, der sich an einigen Stellen bietet, und der kühle Wind auf dieser Seite des Berges sorgen für Motivation. Außerdem liegt der angenehme Duft von wildem Rosmarin in der Luft, ich bekomme mal wieder Hunger.

Ausblick auf Sa Foradada
Ausblick auf Sa Foradada

Weit vor uns an der Meeresküste bewundern wir das Naturspektakel Sa Foradada: eine kleine Landzunge ragt ins Meer, an ihrer Spitze eine steile Felsklippe mit einem riesigen Loch, wie ein steinernes Nadelöhr. Auf mallorquinisch bedeutet Sa Foradada “die Durchlöcherte”. Überlieferungen zufolge gab es an dieser Stelle eine berüchtigte Schlacht im Jahr 1582, bei der es 50 tapferen Männern aus Deià gelang 150 Piraten in die Flucht zu schlagen.

Es geht wieder in Serpentinen weiter steil bergab, erst durch ein Waldstück mit vielen Steineichen, dann über ausladende Trockenmauer-Terrassen mit beeindruckenden alten Olivenbäumen. Im letzten Teil kämpft man sich durch dschungelartiges Gelände, schulterhohe Gräser und Gestrüpp – ebenfalls typisch für den GR 221 auf Mallorca.

Olivenbäume auf dem GR221
Olivenbäume auf dem GR221

Am Stadtrand von Deià erwarten uns noch einige Serpentinen durch die Obstgärten und Zitronenbäume der ersten Villen bis hinunter in den Ort. Wir sind da.

Schild Deià
Schild Deià

Deià

ⓘ Die Kleinstadt Deià an der Nordwestküste Mallorcas gilt als eines der hübschesten Juwelen der Insel und liegt in einem steilen Tal am Fuße des Berges Teix am Rande des Tramuntanagebirges. Die Stadt gilt als Magnet für Künstler, Schriftsteller und Kreative. Pablo Picasso, Andrew Lloyd Webber, Robert Graves, Sir Peter Ustinov oder Pierce Brosnan sind nur einige populäre Persönlichkeiten, die sich seit dem letzten Jahrhundert hier zumindest zeitweise niedergelassen und so zu dem Ruf des Ortes beigetragen haben. Bevor der Luxustourismus zum Hauptwirtschaftsfaktor wurde, lebten viele Bewohner von Deià noch bis in die 1960er Jahre vom Schmuggel.

In Deià angekommen steuern wir die nächste Tapas Bar an und gönnen uns ein großes Wasser, zwei große Gläser Tinto de Verano sowie eine heftige Tapas-Platte mit Chipirones und Albondigas.

Vollgefressen und mit müden Beinen suchen wir den kürzesten Weg zum Hostel auf Google Maps. Wir stellen fest, dass unsere Unterkunft zu den höchstgelegenen Gebäuden im Ort gehört und wenige Minuten später geht es noch ordentlich bergauf neben einem Flußlauf entlang zum Hostal Miramar*.

Ausblick auf Deiá
Ausblick auf Deiá

Das Hostel ist ein liebevoll restauriertes Haus aus dem 19. Jahrhundert mit unglaublichem Panoramblick und rustikalem Ambiente, mit Zimmern und Möbeln im klassischen landestypischen Stil sowie einer großen einladenden Terrasse, umgeben von satten grünen Gärten am Berghang. Die ältere Dame, die uns bewirtet hat, war überaus nett und zuvorkommend. Einziges Manko: die Zimmer waren relativ hellhörig – aber wofür gibt es Oropax.

Zum Abendessen begeben wir uns noch mal hinunter in den Ort und finden ein Restaurant mit schönem Balkon zum Sonnenuntergang. Es gibt mallorquinische Küche: eine herrliche Dorade für mich und ein saftiges Lammkarrée für Jules, dazu Vino Blanco und als Digestiv noch eine Spezialität des Hauses: einen besonderen Vermut, leider habe ich mir die Marke nicht merken können. Muss an der Wirkung gelegen haben.

Wanderweg in Deiá
Weg in Deiá

Leicht angetrunken fallen wir ins Bett und hören zum Einschlafen weiter unser Hörbuch “Die Schatzinsel” von Robert Louis Stevenson. Warum? Auf unserer morgigen Wanderung werden wir uns auf die Spur der Piraten begeben…



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